Kohelet 3, 16:
„An der Stätte, wo man Urteil spricht, geschieht Unrecht.“



Das Konzept des aufgeklärten Strafprozesses hat dazu geführt, dass diese alte Wahrheit nicht mehr immer stimmt. Jedenfalls dienen die Strafprozessregeln (StPO) dem Ziel, die Wahrheitsfindung transparent zu machen und dem Beschuldigten einer Straftat umfassend rechtliches Gehör zu gewähren. Wesentliches Element ist dabei das Recht auf
Verteidigung.

Ein Beschuldigter hat in jeder Lage des Strafverfahrens das Recht, sich durch einen Rechtsanwalt verteidigen zu lassen. Während das Gericht und die Staatsanwaltschaft zur Neutralität verpflichtet sind, nimmt der Verteidiger die Partei des Beschuldigten, seines Mandanten. Der Verteidiger achtet darauf, dass das Gericht sich an die Regeln der Strafprozessordnung hält. Er achtet darauf, dass dem Mandanten günstige Beweise erhoben werden.

Die Arbeit des Verteidigers besteht nicht nur darin zu plädieren, die Widersprüche in Zeugenaussagen durch geschickte Befragung aufzudecken und Richter und Staatsanwalt Paroli zu bieten. Die Arbeit des Verteidigers beginnt damit, eine
Strategie der Verteidigung zu entwickeln. Zusammen mit dem Mandanten legt der Verteidiger fest, in welcher Form eine Aussage gemacht wird oder ob der Mandant von seinem Schweigerecht Gebrauch macht. Der Verteidiger bestimmt ein Verteidigungsziel: Freispruch, Verfahrenseinstellung oder - häufig genug - eine möglichst milde Strafe.

Der Verteidiger wird in der
Beratung die Interessen des Mandanten ausloten. Er wird den Mandanten darauf hinweisen, welche Folgen ein bestimmtes Verhalten im Strafverfahren haben kann und welche Folgen ein möglicher Ausgang des Strafverfahrens haben kann. Ein Vorteil des Verteidigers gegenüber den anderen Prozessbeteiligten ist es, wenn der Verteidiger weiß, ob der dem Mandanten gemachte Vorwurf zutrifft oder nicht. Das geht nur, wenn zwischen Verteidiger und Mandanten ein unbedingtes Vertrauensverhältnis besteht. Zentrales Element dieses Vertrauensverhältnisses ist die anwaltliche Schweigepflicht. Alles was zwischen Mandant und Verteidiger gesprochen wird, ist vertraulich.
Wenn der Verteidiger diese Schweigepflicht bricht, macht er sich strafbar.